Beurteilen und Fördern auf der Sekundarstufe I des Kantons Zug

Kurzbeschreibung

Das Projekt Beurteilen und Fördern (B&F) an der Sekundarstufe I im Kanton Zug soll die Grenzen der herkömmlichen Leistungsbewertung sprengen und die Diskrepanz zwischen erweiterten Lehr- und Lernformen und traditionellen Instrumenten der Leistungsbewertung überwinden. Zusammen mit der Einführung der kooperativen Oberstufe, die durch leistungsdifferenzierte Niveaukurse in verschiedenen Schularten gekennzeichnet ist, stellt die Einführung von B&F die Lehrkräfte vor neue Chancen und Herausforderungen bei der individuellen Förderung ihrer Schülerinnen und Schüler. Um die Lehrkräfte an die erweiterten Beurteilungsformen heranzuführen und sie bei deren Umsetzung zu unterstützen, werden sie von Kolleginnen und Kollegen aus ihren Reihen (Mediatoren), die eine vertiefte Ausbildung in Aspekten des Beurteilens und Förderns erhalten haben, in schulinternen Weiterbildungsveranstaltungen unterrichtet“ (Grunder, 2002). Die Hauptprojektphase B&F auf der Sekundarstufe I erstreckt sich über eine Laufzeit von fünf Jahren (Schuljahr 2003/2004 bis Schuljahr 2007/2008). Das IBB evaluiert dieses Projekt mit fallvergleichenden Analysen (Gruppeninterviews in fünf Schulen) und einer Fragebogenerhebung (Lehrpersonen, Mediatorinnen und Mediatoren, Eltern, Lernende).

Ziel

Die Ziele des Zuger Projekts „B&F Sekundarstufe I“ lassen sich wie folgt zu­sammen­fassen:

  1. Aufbau einer erweiteren Beurteilungskultur mit verstärktem Einbezug der Ler­nen­­den, Lernzieltransparenz, gezielten Beobachtungen, Unterscheidung von for­mativen, summativen und prognostischen Beurteilungen sowie bewusstem Umgang mit den Bezugsnormen der Beurteilung
  2. Unterrichtsentwicklung (und soweit als dazu notwendig auch Schulentwicklung, z.B. Aufbau einer lokalen Projektorganisation)
  3. Erfahrungen sammeln in vier Praxisfeldern (siehe weiter unten), um in einer zwei­ten Phase Bewährtes fest zu verankern

Mit dem Teilprojekt „B&F Sekundarstufe I“ werden die Lehrpersonen verpflichtet, sich mit vier Praxisfeldern auseinanderzusetzen:

Praxisfeld 1: Lernzielorientiert planen, unterrichten und beurteilen
Praxisfeld 2: Selbstbeurteilung der Lernenden
Praxisfeld 3: Gespräche führen
Praxisfeld 4: Selektionsprozesse gestalten

Praxisfeld 1 „Lernzielorientiert planen, unterrichten und beurteilen“ fokussiert auf die lernzielorientierte und lernzieltransparente Planung und Durchführung von Un­terricht. Die Planung und Vorbereitung der Unterrichtseinheiten orientiert sich dabei an den Stationen des Förderkreislaufs. Ebenso geht es um die Entwicklung von Strategien des lernzielorientierten Prüfens. Lehrpersonen leiten die Lernenden zur Selbstbeobachtung an, welche in einem Portfolio dokumentiert wird (vgl. Zaugg, 2000, S. 7ff).

Im Zusammenhang mit Praxisfeld 2 „Selbstbeurteilung der Lernenden“ bekommen die Lehrpersonen Gelegenheit, Verfahren und Methoden der Selbstbeurteilung zu planen, zu erproben und auszuwerten. Das Schülerportfolio wird als ein das Lernen und die Lernenden begleitendes Instrument initiiert, aufgebaut und gezielt einbezo­gen. Die Selbstreflexion über Lernprozesse und Leistungen wird initiiert und in den Unterricht integriert. Das eigenständige Lernen wird mit Hilfe von metakognitiven Verfahren gefördert (vgl. Zaugg, 2000, S. 7ff).

Im Rahmen des Praxisfeldes 3 „Gespräche führen“ erhalten die Lehrpersonen Ge­legenheit, ihre Kompetenzen weiter zu entwickeln, um Gespräche mit Lernenden und deren Eltern zu führen. Die Lehrpersonen wurden ver­pflichtet mindestens im 1. und 2. Oberstufenjahr je ein Beurteilungsgespräch mit den Eltern und den Lernen­den durchzuführen. In diesem Gespräch sollen neben fachlich-inhaltlichen Leistun­gen auch Kompetenzen im methodisch-strategischen, im sozial-kommunikativen sowie im persönlichen Lernbereich angesprochen wer­den (vgl. Zaugg, 2000, S. 7ff).

Praxisfeld 4 „Selektionsprozesse gestalten“ betont, dass Selektionsprozessen Be­obachtungen über längere Zeiträume hinweg zugrunde liegen sollten (keine punk­tuellen Entscheide). Die Lehrpersonen trennen die Selektionsprozesse sauber von den Förderprozessen. Dies machen sie mit Hilfe eines Phasenmodells (vgl. Zaugg, 2000, S. 7ff).

Forschungsfragen

Die Evaluation geht zwei übergeordneten Fragestellungen nach, welche vom Erzie­hungsrat vorgegeben wurden:

  1. Welche Verfahren und Instrumente im Zusammenhang mit B&F sollten auf kantonaler Ebene geregelt werden? (ERB, 2003)
  2. Welches ist der Gewinn von B&F für die Schülerinnen und Schüler – aber auch für Eltern und Lehrpersonen?

Ausserdem ist es erwünscht, den Nutzen von B&F für den Berufswahlprozess zu eruieren. Darüber hinaus wurden von der Kantonalen Projektleitung B&F und von weiteren Akteuren zusätzli­che, differenziertere Fragestellungen eingespiesen, die im Rah­men dieser Evalua­tion angegangen werden sollen.

Design und Methodik

Die beiden Erhebungsstränge Fallstudien und Fragebogenerhebungen stellen komplementäre Zugänge zum Forschungsfeld dar. Die Feinplanung der Fragebo­gen­erhebung erfolgt – sofern zeitlich möglich – erst während der Durchführung der Interviews. Dadurch ist mindestens ansatzweise eine Fokussierung auf Themenbe­reiche möglich, die sich im Rahmen der Gespräche als relevant erweisen. Die Ab­stützung der Evaluation auf unterschiedliche Methoden und Stichproben trägt aus­serdem zur Aussagekraft und Verlässlichkeit der Ergebnisse bei (Prinzip der Trian­gulation). Während die fall­vergleichenden Analysen eine qualitative Vertiefung der Fragestellung ermöglichen, kann durch die Fragebogenerhebung dem Gesichts­punkt der statistischen Reprä­sentativität der Ergebnisse Rechnung getragen wer­den.

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